Erwählt und gesendet

Quelle: Distrikt Österreich

Priester- und Diakonatsweihen im Priesterseminar Herz Jesu am 2. Juli 2022

von Abbé Savio Löffler

„Bevor ich Dich im Mutterschoß bildete, habe ich Dich erwählt. Und vor der Geburt habe ich Dich geheiligt.“ Diese Worte der Berufung des Propheten Jeremias wendet die Kirche auf Johannes den Täufer an. Am Tag seiner Heiligung, dem heutigen Fest Mariä Heimsuchung, empfangen während des feierlichen Pontifikalamtes jeweils drei Kandidaten die Diakonats- bzw. Priesterweihe, von denen einer sogar den Vorläufer Christi als Namenspatron hat. Für sie gilt, was am Propheten Jeremias geschah: Gott erwählt sie im mütterlichen Schoß der Kirche und heiligt sie vor ihrem öffentlichen Wirken. 74 Priester legen ihnen die Hände auf, während ihre weißen Gewänder sich von dem tiefroten Schmuck des Weihezeltes abheben. In ihm wirken die überlieferte Liturgie und der gregorianische Gesang wie ein vierstündiger Blick in eine andere, himmlische Welt. Jedes der tausenden Details – vom mehrere Meter hohen provisorischen Weihealtar bis zu den Brot- und Zitronenscheiben, mit denen die gesalbten Hände purifiziert werden – ist wie die einzelne Note einer großen Symphonie. Diese hat nur zwei Ziele: Erstens Gott angesichts der Gnade des Priestertums zu verherrlichen und zweitens den unsichtbaren priesterlichen Charakter durch sinnliche Zeichen begreifbar zu machen. Dass die heutige Weihezeremonie sehr wohl kirchlich ist – obwohl sie im grünen Gras eines Parks stattfindet – kann jeder selbst bestätigen, der Gelegenheit hatte, mit den schätzungsweise 2.600 eigens angereisten Gläubigen zu sprechen. Ihre Liebe zur Wahrheit, ihr Eifer und ihre Opferbereitschaft stehen auf der Basis von 20 Jahrhunderten und im Gegensatz zu dem, was heute oftmals als „katholisch“ präsentiert wird.

Opferbereitschaft wurde auch von Vasyl Pylypets verlangt, einem der neugeweihten Diakone: Er hat sieben Jahre im Seminar der Priesterbruderschaft St. Josaphat verbracht, die am überlieferten Glauben der byzantinischen Ostkirche festhält. Ab letzten Herbst hätte er sich auf die höheren Weihen in Zaitzkofen vorbereiten sollen. Doch aus verschiedenen Gründen wurde dem Ukrainer am Münchner Flughafen die Einreise in die Bundesrepublik verweigert. Auch ein zweiter Versuch auf den ersten Mai hin verlief erfolgslos. Nur durch eine Sondergenehmigung gelang ihm die Ankunft am 28. Juni. Im kleinen Rahmen erhielt er gestern die Subdiakonatsweihe. Heute freut er sich, die erste Anteilnahme am priesterlichen Charakter zu empfangen. Dieser ist jedoch nur durch den Glauben sichtbar, wie Weihbischof Fellay in seiner Predigt erwähnt. Die zahlreichen bunten Bruderschafts- und Vereinsfahnen bezeugen, dass die Zuhörer aus vielen unterschiedlichen Gegenden Europas kommen. Während die Neupriester für ihre erste Ernennung in ihre Heimat zurückkehren – nach Antwerpen, Brünn und Warschau – stehen schon am bayrischen Horizont über 20 neue Bewerber für Oktober 2022. Durch ihr Gebet und ihre Großzügigkeit haben die begeisterten Gläubigen mitgeholfen, dass wir bald noch mehr Berufungen aufnehmen können: Die jahrelang geplante Erweiterung des Seminar-Wohntraktes hat begonnen. Hoffen wir, dass die Stimme Gottes noch zu vielen weiteren jungen Männer wie zu Jeremias spreche: „Überall, wohin ich Dich sende, wirst Du gehen. Und alles, was ich Dir übergebe, wirst du predigen. Fürchte Dich nicht.“