Niedere Weihen, Einkleidung und Tonsur der vergangenen 1. u. 2. Februar 2020
Ermahnung des Bischofes zu den Weihenkandidaten
Predigt S. E. Mgr de Galarreta am 1. Februar 2020 in Zaitzkofen für die Niederen Weihen
Liebe Mitbrüder, liebe Weihekandidaten, liebe Gläubige,
wie Sie wissen, lassen die Niederen Weihen wirklich teilhaben am Priestertum unseres Herrn Jesus Christus, an seiner priesterlichen Macht und priesterlichen Gnade. Und dieses Priestertum ist wesentlich hingeordnet auf die Eucharistie als Opfer und Sakrament und daher auf den Mystischen Leib, auf die heilige Kirche. Das Akolythat verleiht in der Tat ein Mitwirken am heiligen Opfer; die drei ersten Niederen Weihen sind eher darauf hingeordnet, die Gläubigen auf den Empfang des Altarsakramentes vorzubereiten. Das Priestertum und alle Weihestufen sind also hingeordnet auf die Erbauung des Leibes Christi, d. h. auf die Heiligung, Vervollkommnung und Einheit der heiligen Kirche. Diesen Gesichtspunkt möchte ich heute herausheben, denn gleichzeitig empfangen wir das Priestertum und die anderen Weihestufen, die uns zuteilwerden, in der Priesterbruderschaft. Es geht also um unsere Beziehung zur Bruderschaft wie analog um unsere Beziehung zur heiligen Kirche. Anders gesagt, wir empfangen die Weihen und das Priestertum, um auch den Leib, der die Bruderschaft ist, aufzuerbauen, um sie zu vervollkommnen, um sie in der Einheit zu errichten, als konkretes und wohlgeordnetes Mittel dieser Hingabe des Klerikers und des Priesters an die heilige Kirche.
Der Apostel Paulus stellt lichtvoll diese Einheit des Mystischen Leibes im ersten Brief an die Korinther heraus, denn es herrschten in der jungen Kirche von Korinth Spaltungen, Parteiungen und Uneinigkeit. Der hl. Paulus sagt ihnen: „Einige unter euch sagen: Ich halte es mit Paulus, ich mit Apollo, ich mit Kephas, ich mit Christus“, diese letzteren sind zweifellos die Eingebildetsten. Der hl. Paulus sagt: „Ist Christus etwa gespalten?“ Die Einheit der Kirche ist die Einheit Christi. Er sagt nicht: Ist die Kirche gespalten, sondern ist Christus gespalten. Später, im Kapitel 12 fügt er hinzu: „Niemand kann sagen: ›Jesus ist der Herr‹, als nur im Heiligen Geist. Denn es gibt verschiedene Gnadengaben, aber es ist derselbe Geist. Es gibt verschiedene Ämter, aber es ist derselbe Herr [nämlich Christus]. Es gibt verschiedene Wunderwirkungen, aber es ist derselbe Gott, der Vater, der alles in allem wirkt.“ Diese Kundgebungen des Heiligen Geistes sind für den allgemeinen Nutzen verliehen, sie sind also von Gott gegeben im Hinblick auf das Gemeingut der Kirche. Hier sieht man bereits die Grundlage der Einheit der Kirche und der Bruderschaft. Sie können die Anwendung ganz auf die Bruderschaft machen, sie fließt aus dieser göttlichen Quelle, aus Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Dann sehen wir diesen gemeinsamen Glauben, der gleichzeitig das Gemeinwohl der heiligen Kirche ist. Er ist es, der zuallererst die Einheit begründet. Diesen Glauben müssen wir also vor allem pflegen.
Der Apostel legt danach die Tatsache der Verschiedenheit der Glieder des Mystischen Leibes in Analogie zum menschlichen Leib dar. In der Tat gibt der Heilige Geist seine Gaben wie er will, wem er will, so viel er will, in welchem Maß er will. Verschiedenheit also der Gaben.
Es ist nicht nur der Wille Gottes, des Heiligen Geistes, der es so gewollt hat; es gibt dafür auch gewichtige Gründe. Die Verschiedenheit der Glieder im Leib ist notwendig für die Schönheit des Leibes, für die Vollständigkeit und die Vollkommenheit; so ist es auch im Mystischen Leib Christi. In der Tat, gäbe es keine harmonische Verschiedenheit der Glieder, dann gäbe es keinen Leib. Die Verschiedenheit, die im natürlichen Leib und im übernatürlichen Leib der Kirche existiert an Gaben, an Gnaden, an Qualitäten, an Ämtern, ist gerade für die Vervollkommnung des Gesamten notwendig: von der Kirche und von der Bruderschaft. Weit davon entfernt zu schaden, wird so vielmehr die Vollkommenheit und Einheit hergestellt.
Dann unterstreicht der Apostel die Tatsache der notwendigen Solidarität unter den Gliedern. Man ist ein Glied desselben Leibes. Man kann nicht auf die anderen Glieder verzichten. Man muss sich gegenseitig helfen, unterstützen, sich achten. Der Apostel bringt es in einer sehr anschaulichen Weise zum Ausdruck: Wenn z. B. der ganze Leib Auge wäre, wo wäre dann das Gehör; wenn der ganze Leib Ohr wäre, wo wäre dann der Geruchssinn usw. Und er fährt fort: Die Augen können nicht zur Hand sagen: Wir brauchen dich nicht, wir kommen ohne dich aus. Noch kann das Haupt zu den Füßen sagen: Ich benötige euch nicht. Es bedarf vielmehr, sagt der hl. Paulus, dieser gegenseitigen Hilfestellung. Den Gliedern, die wir für weniger edel halten, erweisen wir besondere Ehre; das ist es, was der Leib oder die einen Glieder für die anderen tun. Die ehrbarsten Glieder ehren die weniger ehrbaren, und oft sind die weniger ehrbaren am notwendigsten. Das ist also der Geist, der die Zusammenarbeit in der Kirche oder in der Bruderschaft beseelen muss.
Welches sind die Elemente, die diese Einheit herstellen? Der Apostel Paulus zählt sie nacheinander auf im Brief an die Epheser und vor allem in jenem an die Kolosser, aber er stellt zuerst in klarer Weise unseren Herrn Jesus Christus heraus und die Einheit mit ihm, die Abhängigkeit, die Unterwerfung unter ihn, der die Quelle aller Wahrheit ist, der uns im selben Glauben befestigt, der König ist, der die heilige Kirche hierarchisch regiert und eben auch die Bruderschaft. Er ist Hohepriester, Erlöser, folglich Quelle der Gnade, welche die Seelen in der Kirche und in der Bruderschaft aneinanderbindet. Wir haben das übernatürliche Leben in Christus, wir haben die Gnade Christi – gratia Christi. Diese Einheit hängt von dieser Gnade ab. Es ist das heilige Opfer des Kreuzes, erneuert im heiligen Messopfer, wie Sie wissen, die Eucharistie, das Opfer, das Sakrament, das die Einheit der Kirche darstellt und hervorbringt. Und genau dies ist das Herzstück des Lebens der Bruderschaft.
Sodann nennen wir den Geist Jesu Christi, d. h. den Heiligen Geist, die Seele der Kirche; er belebt sie. Den Seelen, der Kirche teilt er jenes Leben mit, das vom Haupte, von unserem Herrn Jesus Christus kommt. Er bringt ganz genau dieselben Wirkungen hervor wie Jesus Christus, denn er ist der Geist Christi. Folglich sollen wir nicht nur Nutznießer der Gaben des Heiligen Geistes sein, sondern vor allem auch seinem Handeln gegenüber gefügig, diesem Schwung, der uns Gott, unserem Heiland, entgegenträgt, der Heiligkeit.
Dieses Band der Einheit ist die erste Wirkung des Heiligen Geistes in unseren Seelen, wie Sie wissen; wir empfangen den Heiligen Geist in den verschiedenen Weihestufen. Er bringt an erster Stelle das hervor, was in ihm selbst ist, eine Angleichung an ihn selbst, d. h. an die Liebe, Gottes- und Nächstenliebe. Die Nächstenliebe ist das Bindemittel schlechthin, das uns nicht nur zur Heiligkeit und Vollkommenheit führt, sondern zur Einheit mit unserem Herrn und zur Einheit unter uns, den Gliedern. Genau im ersten Korintherbrief spricht der hl. Paulus nicht nur über die Eucharistie, sondern auch über die Liebe, er singt das Lob der Liebe. Es handelt sich nicht nur darum, die Liebe zu haben, ohne die wir nichts sind, und ohne die uns nichts nützt; das ist es was er sagt: Ohne die Liebe bin ich nichts, ohne die Liebe nützt mir alles andere nichts; mit der Liebe nützt alles; vielmehr bezeichnet er dann genau die Qualitäten dieser Liebe: sie ist geduldig, voller Güte, sie ist nicht eifersüchtig, nicht aufgeblasen, sie sucht nicht ihren eigenen Vorteil, sie überhebt sich nicht, handelt nicht unschicklich, urteilt nicht falsch. Die Liebe entschuldigt alles, sie glaubt alles, hofft alles, erduldet alles. Sie ist eine gegenseitige Liebe voller Geduld, voller Güte, aber auch beseelt vom Opfer und der Hinopferung seiner selbst. Das ist es, was wahrhaft die Einheit in der Kirche und in der Bruderschaft herbeiführen und festigen kann.
Zu dieser Einheit kommt das gemeinsame Streben nach dem Ziel, dem Zweck, das Trachten nach dem Gemeingut, nach dem gemeinsamen Wohl und an allererster Stelle die Hinneigung, das Bemühen, uns unserem Herrn anzugleichen. Es gibt also eine Gemeinschaft des Ideals. Wir müssen uns Jesus Christus angleichen, er ist unser Vorbild, er ist vollkommen. Wir sind vorherbestimmt, seinem Bildnis gleichförmig zu werden. Das ist die gemeinsame Anstrengung aller Christen, und es ist dies die gemeinsame Anstrengung aller Mitglieder der Bruderschaft: Wir suchen und wir unterstützen uns gegenseitig im täglichen Streben nach dieser immer vollkommeneren Gleichförmigkeit mit Jesus Christus und in unserem Fall mit ihm als Hoherpriester.
Dann ist es auch eine Gemeinschaft der Hoffnung, denn diese Hingabe seiner selbst in der priesterlichen Berufung hat als Ziel die ewige Seligkeit. Wir erwarten das himmlische Jerusalem, die triumphierende Kirche, die vollkommen ist, in der Fülle, wo Gott wirklich vollkommen alles in allen ist. Um den Ruhm Gottes zu besingen, um zu erkennen, zu lieben, sich an Gott zu erfreuen, sein Lob zu singen. Es gibt also auch eine Gemeinschaft gegründet auf der Hoffnung, und es ist dieselbe Hoffnung und dieselbe Berufung, uns Christus gleichförmig zu machen und an diesem Leib der Seligen teilzuhaben, die ewig den Ruhm Gottes besingen. Dies ist es wirklich, aber man darf sich nicht täuschen, man darf nicht in der Engherzigkeit des menschlichen Lebens verhaftet bleiben und an diesem vorübergehenden, vergänglichen Leben mit seinen Wechselfällen, die uns so wichtig erscheinen, während wir auf dem übernatürlichen Fundament die Kirche auferbauen können, ihre Wiederherstellung, ihre Heiligung, das Heil der Seelen, das Heil unserer Seele, die Einheit, die Heiligung der Bruderschaft wirken können.
Bitten wir also die allerseligste Jungfrau Maria, die die Mutter Christi ist, die Mutter der Gnade, die Mutter der Kirche, uns unserem Herrn gleichförmig zu machen, uns seine Güter mitzuteilen, uns ins Herz zu geben, nach ihnen zu verlangen, sie immer vor Augen zu haben, auch in den Beziehungen unter uns; sie möge uns die Gnade verleihen, uns ihr selbst anzugleichen, denn es gibt einen schönen Gesichtspunkt des Geheimnisses der allerseligsten Jungfrau Maria, der besagt, dass sie das vollkommene Ideal der heiligen Kirche ist. Sie ist darum auch das vollkommene Ideal unserer Bruderschaft. Ihr schmerzhaftes und unbeflecktes Herz sei für uns der Weg, um die Gnade, die Heiligkeit, um unseren Herrn und um Gott zu finden.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Die Seminaristen des Spiritualitätsjahr, gekleidet im klerikalen Gewand.
Predigt von S. E. Mgr. de Galarreta am 2. Februar 2020 in Zaitzkofen anlässlich der Einkleidung und Erteilung der Tonsur.
Liebe Mitbrüder, liebe Seminaristen, die Sie gleich die Soutane oder die Tonsur empfangen werden, liebe Gläubige,
die Zeremonie selbst offenbart uns, welches der Sinn Ihres Schrittes ist, liebe Seminaristen, den Sie gleich tun werden. Der Empfang der Soutane versinnbildet ganz klar die Loslösung von der Welt und den Verzicht auf sich selbst, um das Kreuz auf sich zu nehmen und Jesus Christus nachzufolgen. Die Tonsur ihrerseits bedeutet die Weihe, das Konsekriertsein für Gott, die vollkommene Zugehörigkeit zu Gott, die Hingabe an den Dienst Christi und an seine Kirche. Beide Aspekte offenbaren die Religion, den religiösen Geist, der alle Katholiken beseelen muss. Es ist eine doppelte Bewegung des geistlichen Lebens: Die Reinigung, die Loslösung und dann die stabile Einigung mit Gott, das Hin zu Gott. Gleichzeitig ist dadurch der Weg der Heiligkeit angezeigt, denn die Heiligkeit besteht gerade in der Loslösung von den Geschöpfen und dem festen und ganz innigen Anhangen an Gott [durch Jesus Christus].
In welchem Geist werden Sie, liebe Seminaristen, das tun? Auch das zeigen uns die Zeremonie und das heutige Fest der Darstellung des Jesuskindes im Tempel und der Reinigung Mariens. Dies war vor allem ein Akt der Demut, der Verdemütigung unseres Herrn Jesus Christus und seiner heiligsten Mutter, denn sie unterwarfen sich einem Gesetz, von dem sie eigentlich dispensiert waren. Das wirft einen dichten Schleier auf das Geheimnis, denn es verbirgt die vollkommene Reinheit und immerwährende Jungfräulichkeit der allerseligsten Jungfrau Maria; durch die Zeremonie im Tempel bekommt man den Eindruck, dass sie eine Frau wie alle anderen ist, und es verbirgt auch die göttliche Person unseres Herrn, der sich dieser Darbringung unterwirft, als ob er ein ganz gewöhnlicher Mensch wäre, als ob er losgekauft werden müsste, er, der doch die Quelle der Erlösung und des Loskaufes ist. Jesus und Maria demütigen sich freiwillig vor den Augen aller. Warum tun sie das? Sie tun es aus Gehorsam, um den Willen Gottes zu erfüllen und auch das Gesetz Gottes. Der heilige Evangelist Lukas betont im heutigen Evangelium mindestens vier Mal diesen Geist des Gehorsams und der Unterwerfung unter das Gesetz, das den Willen Gottes ausdrückt. Es zeigt sehr schön die vollständige Hingabe in die Hände Gottes. Nochmal: Sie hätten sich dispensieren können von diesem Gesetz, dem sie nicht unterworfen waren, sie waren nicht verpflichtet, es zu halten, aber nein, sie wollten es erfüllen, um sich ganz dem Willen Gottes auszuliefern. Dies zeigt die erste Seelenhaltung eines Seminaristen und eines Priesters: den Geist des Gehorsams.
Diese Demut und dieser Gehorsam Jesu und Mariä im heutigen Festgeheimnis sind hingeordnet auf das Opfer unseres Herrn Jesus Christus. Er, der die Hostie, das Schlachtopfer sein wird, das sich für das Heil der Menschen aufopfert. Der hl. Paulus beschreibt das im Philipperbrief, dass Christus, das Wort Gottes, sich entäußert hat, Mensch geworden ist, gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. Und die Geste seiner heiligsten Mutter, diese Gebärde der Darbringung des Jesuskindes bedeutet, dass sie das Opfer bereits darbringt, das am Kreuz hingeopfert werden soll. Diese Geste ist also eine Opfergeste. Sie tut dies im Einklang mit dem heiligsten Herzen Jesu, im Geist des Gehorsams, des Opfers und der Liebe.
Der hl. Paulus beschreibt im Hebräerbrief diese Hingabe, wenn er sagt, dass beim Eintritt in die Welt Jesus zu seinem Vater gesprochen hat: „An Schlacht- und Speiseopfern hast du kein Wohlgefallen, aber einen Leib hast du mir bereitet; siehe ich komme, deinen Willen zu erfüllen.“ Er ist die Opfergabe, er ist der Priester, der sich selbst als Opfergabe hingibt.
Das heute Fest zeigt auch die heiligste Mutter, wie sie ganz eins ist mit der Seelenhaltung ihres göttlichen Sohnes. Dies ist auch die Seelenhaltung, die jeder Gottgeweihte, jeder Priester und Seminarist haben soll.
Dann sehen wir den greisen Simeon, wie er in den Tempel kommt und nun die Größe und Majestät des Erlösers und seines Werkes besingt: Ihn, der das Licht der Offenbarung für die Heiden ist und das Heil der Welt, der Kirche. Gleichzeitig kündigt Simeon an, auf welchem Weg das Heil erwirkt wird: durch Kampf, Widerspruch, Leiden und Selbstopferung. Simeon besingt einerseits den göttlichen Aspekt des Erlösungswerkes, aber eben auch den Opfergeist des Erlösers, der sich erniedrigt und sich in seiner Menschheit ganz hingibt mit seinem leidensfähigen Leib. Simeon wendet sich auch an die allerseligste Jungfrau Maria, die dem Erlöser seine Menschheit gegeben hat, und erklärt, dass dieser ihr Sohn zum Fall und zur Auferstehung vieler in Israel gereicht. Er wird ein Zeichen des Widerspruchs sein. Dann wendet er sich noch speziell an Maria und sagt: „Auch deine Seele wird ein Schwert durchbohren.“ Damit zeigt er, dass sie, die heiligste Mutter, aufs Innigste teilnehmen wird an seinem Erlösungswerk, an seiner Opferung. Wir können hier von einer wahren Miterlöserschaft sprechen, sie ist Miterlöserin, zwar untergeordnet und abhängig von der Erlöserschaft ihres göttlichen Sohnes, aber dennoch ist es eine wahre Mitarbeit und Teilnahme am Loskauf, an der Erlösung der Menschen. So ist diese Darstellung Jesu im Tempel durch die Hände Mariens wie ein Vorspiel dessen, was am Kreuz blutig geschehen wird. Hier sehen wir den Geist, der Sie, liebe Seminaristen, beseelen soll, die Sie auch diesen Akt der Hingabe, der Darbringung – eigentlich für immer – setzen.
Mit diesen Geheimnissen, die wir heute feiern, werden uns sehr schön die Vorbilder gezeigt, denen wir nachfolgen sollen: Jesus Christus, unser Erlöser, der durch Schmerz und Opfer das Heil der Welt erwirkt. Maria, die die Mutter Gottes und auch unsere Mutter ist, die Jesus nachfolgt durch ihr Mitleiden, wir verehren sie als die Mutter der Schmerzen. Zugleich offenbart das heutige Fest der Darbringung Jesu im Tempel das schmerzhafte Herz Mariens. Dieses Herz, das ganz und gar von den gleichen Gefühlen und Gesinnungen wie das Herz des Hohenpriesters Jesus Christus erfüllt war, nämlich von der Sehnsucht, in allem den Willen Gottes zu erfüllen, ganz gleichförmig dem zu sein, was Gott will. Dieses gänzliche sich Überlassen in die Hände Gottes, dass man alles will, was Er will, wie und wann Er es will. Das ist die Selbsthingabe für die Ehre Gottes, für seine Verherrlichung und für das Heil der Menschen, für die heilige Kirche, eine Hingabe, die vor allem in der Liebe geschieht. Die Liebe treibt uns an, diese Hingabe zu vollziehen.
An diesem heutigen Festtag sehen wir, wie alles durch die Vermittlung der allerseligsten Jungfrau Maria geschieht. Es gibt ein schönes Gebet, jenes nämlich des hl. Bruder Klaus, das sehr gut diesen Geist der Hingabe, die Sie vollziehen werden, zusammenfasst. Sie kennen es alle, dieses kurze Gebet:
Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.
Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir.
Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.
Gib mir die Gnade, mich selber zu verlassen, auf mich zu verzichten, nimm alles weg von mir, damit ich ganz ungehindert zu Gott komme. Das ist das Gebet, das Sie heute durch die allerseligste Jungfrau Maria ausgesprochen haben und welches Ihre Hingabe durch die Hände Mariens begleitet. Denn wenn Gott wollte, dass wir alles, jede Gnade, durch ihre Hände empfangen, wollte er gleichzeitig uns durch die Hände Mariens empfangen, dass wir durch sie zu ihm gelangen.
Im Namen den Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.